Zur Geschichte der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) und der DPG-AG im Psychoanalytischen Institut Berlin

2009 wurde die Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft (DPG) nach einem über 20 Jahre dauernden Prozess der Wiederannäherung auf dem Kongress der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV) in Chicago in die IPV aufgenommen. Wir freuen uns darüber, wieder zu dieser internationalen psychoanalytischen Gemeinschaft gehören zu dürfen.

Dieser Wiederaufnahmeprozess war allerdings begleitet von einer schmerzhaften Auseinandersetzung der DPG mit ihrer Geschichte: wir mussten uns damit konfrontieren, dass die meisten Psychoanalytiker sich während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft keineswegs schützend vor ihre jüdischen Kolleg*innen gestellt hatten, sondern der Verführung erlagen, die ökonomische Nische, die ihnen der Nationalsozialismus  bot, zu nutzen und den formalen Erhalt der DPG zur Handlungsmaxime zu erheben. Wir mussten uns weiter eingestehen, dass nicht nur der Verlust der jüdischen Mitglieder der Gesellschaft sondern auch die Abspaltung der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV), die mit ihrem klaren Bekenntnis zu Freud bereits 1951 wieder in die IPV aufgenommen wurde, eine im Inneren tief verunsicherte DPG zurückgelassen hatte, die dazu neigte, sich nach Außen trotzig und selbstbewusst zu geben.

Ungeachtet dieses schwierigen Prozesses der Anerkennung von Verantwortung, Schuld und Scham wurde der Weg der DPG in die IPV und der damit einhergehende Aufarbeitungsprozess von der großen Mehrheit der DPG und der IPV-Mitglieder als bereichernd und  notwendig angesehen, für die DPG bedeutet er vor allem den „wiedergefundenen Dialog mit der internationalen Psychoanalyse“.1

Das Psychoanalytische Institut Berlin (PaIB)  tritt ein schweres, ja „unmögliches“ Erbe2 an.
Zum einen bezieht das PaIB sich auf die oben beschriebene tief verankerte psychoanalytische Tradition der DPG in Berlin, zum anderen entstand es als DPG-Arbeitsgruppe an dem 1947 gegründeten Institut für Psychotherapie (IfP), das sich durch seine neoanalytische Einfärbung und die Zusammenarbeit mit den Jungianern von der klassischen psychoanalytischen Linie abgesetzt hatte. Während ein Teil der Mitglieder gerade diese Vielfalt als Bereicherung empfand, erlebte ein anderer Teil der Institutsmitglieder diese Kooperation als „Mischmasch“ und verließ das IfP, um 1950 eine eigene Gesellschaft (die DPV) mit einem eigenen Institut (dem Karl Abraham Institut, BPI) zu gründen. Die zurückbleibenden Institutsmitglieder, die nur zum Teil der DPG angehörten, mussten die Hoffnung auf einen Neuanfang innerhalb der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung unter dem Vorzeichen der Neoanalyse aufgeben. Seit Anfang der 60iger Jahre sind nun viele der Institutsmitglieder, insofern sie keine Kinderanalytiker oder Jungianer sind, Mitglieder der DPG. Inzwischen haben alle drei Fachgruppen am IfP (Jungianer, analytische Kinder- und Jugendlichen-therapeuten, freudianisch orientierte Psychoanalytiker/PaIB) eigene Fachinstitute gegründet, was eine weitere Ausdifferenzierung ermöglichte.
Die innerhalb der DPG langjährig geführte Diskussion zwischen Neoanalyse und klassischer Psychoanalyse ist auch am PaIB zugunsten der Freudschen Psychoanalyse entschieden.

1 Zum Weiterlesen: Focke, I. & Gutmann, B. (2003) Der wiedergefundene Dialog mit der internationalen Psychoanalyse.
   In: Eith, T. & Wellendorf, F. (2003) Fort-Da. Trennen und Verbinden im psychoanalytischen Prozess.
   Heidelberg: Asanger Verlag.


2 Hegener, Wolfgang (Hg) (2006) Das unmögliche Erbe. Antisemitismus – Judentum – Psychoanalyse.
   Psychosozialverlag.